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10.12.08 - Gerhard Lichtenauer - Druckansicht und drucken

[D+51] Menschenrechte - Rechtsweg ausgeschlossen

60 Jahre gleiche Grund- und Freiheitsrechte für alle*) Menschen
Behindertenhilfe der Länder: “Der Rechtsweg ist ausgeschlossen”

*) Behinderte Menschen ausgenommen

ÖSTERREICHISCHE BÜRGERINITIATIVE


Partner der deutschen Bundesinitiative „Daheim statt Heim“
c/o Gerhard Lichtenauer, Ing.Tel: 0699 12490010Fax: 07477 490015
daheim statt heim… [URL entfernt, Anm.] Email: info@daheim statt heim…

OFFENER BRIEF am Menschenrechts-Tag

Weistrach, am 10. Dezember 2008
60 Jahre Menschenrechte

An den
Verfassungsgerichtshof
Präsident Dr. Gerhart Holzinger
Judenplatz 11
A-1010 Wien
E-Mail: vfgh@vfgh.gv.at

 

60 Jahre gleiche Grund- und Freiheitsrechte für alle*) Menschen
Behindertenhilfe der Länder: “Der Rechtsweg ist ausgeschlossen”

*) Behinderte Menschen ausgenommen

Sehr geehrter Herr Präsident Dr. Holzinger,

zu Ihrer Aussage im Zusammenhang mit dem humanitären Bleiberecht,

“Für behördliche Gnadenerweise gibt es im Rechtsstaat keinen Platz”,

habe ich mir erlaubt, diese Feststellung in einem Kommentar frei abgewandelt, hypothetisch auf das österr. Sozialrecht anzuwenden (siehe Anhang). Mich würde Ihre Meinung dazu sehr interessieren.

Es gibt seit elf Jahren (1997) das Benachteiligungsverbot aufgrund Behinderung in der Bundes­verfassung (BV-G Artikel 7): die Republik verpflichtet sich, jegliche Benachteiligungen behinderter Menschen gegenüber Nichtbehinderten auszuschließen. Dort heißt es:

“Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Die Republik (Bund, Länder und Gemeinden) bekennt sich dazu, die Gleichbehandlung von behinderten und nichtbehinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten.”

Österreich hat sich in internationalen Übereinkommen verpflichtet, vor Diskriminierung zu schützen. Es gibt entsprechende Diskriminierungsverbote im Gemeinschaftsrecht (z.B. Art.13) und seit kurzem die UN-Konvention „Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“, welche für behinderte Menschen volle Inklusion in und gleichberechtigte Teilhabe an der Gemeinschaft als allgemeines Menschenrecht weltweit bestätigt.

Die Vertragsstaaten haben eine benachteiligungsfreie, gesellschaftliche Inklusion behinderter Menschen in allen Lebensbereichen zu gewährleisten. In Artikel 19 z.B. „Selbstbestimmtes Leben und Einbeziehung in die Gemeinschaft“ werden freie Wahlmöglichkeiten von Aufenthaltsort und Wohnform garantiert und unterstütztes Leben in der selbstgewählten, eigenen Häuslichkeit gefordert. Behinderte Menschen dürfen nicht verpflichtet (genötigt) sein, nur in besonderen Wohn­formen leben zu können. Eine “Reihe von gemeindenahen Unterstützungsdiensten zu Hause und in Einrichtungen … einschließlich der persönlichen Assistenz” ist durch die Vertragsstaaten zu gewährleisten. Alle Grund- und Freiheitsrechte, u.a. auch das Recht auf Familienleben (Artikel 23) müssen behinderten Menschen ohne Hemmnisse und Erschwernisse, zugänglich gemacht werden, wie nichtbehinderten Menschen auch.

Am 60. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte möchte ich Ihnen in diesem Zusammenhang nachstehende Fragen stellen:

  1. Darf es für mental beeinträchtigte oder mehrfach behinderte Menschen gegenüber so genannten (nur) “Körperbehinderten” eine Schlechterstellung bei den angeblich “freiwilligen” Leistungen der Behindertenhilfe der Länder geben?
  2. Darf das Ausmaß oder die Qualität von Unterstützungen seitens der öffentlichen Hand für Personengruppen, die sich in der Art oder Schwere der Behinderung unterscheiden (Punkt 1) voneinander grob abweichen?
  3. Darf es bei der Behindertenhilfe Menschen zweiter und dritter Klasse geben, was sich z.B. nach deren (restverwertbaren) Leistungsfähigkeit oder nach dem Grad oder der Art der Behinderung richtet?
  4. Dürfen bezüglich Pflegeschlüssel, Qualitätsstandards und Qualitätssicherung in stationären und teilstationären Pflege- und Betreuungseinrichtungen Unterschiede gemacht werden, je nachdem, ob jemand alters- oder unfallbedingt pflegebedürftig ist oder als behinderter Mensch den gleichen Pflege-, Betreuungs- oder Assistenzbedarf hat?
  5. Dürfen solche Unterschiede (Punkt 4) aufgrund der Tatsache bestehen, weil oder wenn es sich um Einrichtungen oder Fördermaßnahmen der Sozialhilfe eines Bundeslandes handelt?
  6. Dürfen Angehörige oder Nahestehende behinderter Menschen gegenüber Angehörigen von Nichtbehinderten (oder Andersbehinderten) aufgrund der Behinderung (oder Behinderungs-art) des Angehörigen im Verwaltungsvollzug benachteiligt werden?
  7. Darf es nach BV-G Artikel 7 und UN- Konvention gravierende (die gesamte Lebensexistenz betreffende) Unterschiede im Leistungsspektrum der Behindertenhilfe der Bundesländer geben? Darf z.B. ein behinderter Mensch in Niederösterreich einem in Tirol Wohnenden benachteiligt werden?
  8. Österreich ist als Vertragsstaat des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge von 1969 verpflichtet, völkerrechtliche Verträge „nach Treu und Glauben zu erfüllen“ (Artikel 26), wobei sich eine Vertragspartei nicht auf ihr innerstaatliches Recht berufen kann, um die Nichterfüllung eines Vertrags zu rechtfertigen (Artikel 27). Dürfen die Körperschaften öffentlichen Rechts, die inzwischen seit 23. Oktober 2008 rechtsverbindlichen Grundrechtsnormen der UN- Behindertenrechts-Konvention ignorieren?
  9. Wenn alle (oder fast alle) Fragen aus verfassungsrechtlicher Sicht mit NEIN zu beantworten sind, warum darf Gesetzgebung und Verwaltung in den Bundesländern fortgesetzt und ungehindert so agieren, als würde es keine Bundesverfassung, keine Menschenrechte, keine internationalen Verträge und keinen Rechtsstaat geben?
  10. Abschließend: Warum werden diesbezügliche Beschwerden beim Verfassungsgerichtshof nach Artikel 144 B-VG Abs. 2 zu behandeln abgelehnt, wenn der Gerichtshof keine hinreichende Aussicht auf Erfolg erkennt, ohne jedoch die Beschwerde erschöpfend behandelt zu haben (sh. weitere Info: http://www.bizeps.or.at/news.php?nr=7722#fid6097)?

Hochachtungsvoll
Ing. Gerhard Lichtenauer
Initiator der Österreichischen Bürgerinitiative “Daheim statt Heim” [URL entfernt, Anm.]

Anhang:
Der Kampf um das “gleichberechtigte” Leben – im Aufbruch? Behördliche Gnadenerweise sind passé!

Druckversion dieses OFFENEN BRIEFES:
2008-12-10_OFFENER_BRIEF_an_VfGH-Praesident_-_60_Jahre_Menschenrechte_-_Laender_ausgenommen.pdf

Nachtrag am 17.12.2008,
Antwort des VfGH-Präsidiums auf meinen OFFENEN BRIEF vom 10.12.2008:
2008-12-15_Antwort_von_VfGH-Praesidium_auf_OFFENEN_BRIEF_-_Menschenrechte-Vollzug_der_Laender_bei_Behindertenhilfe.pdf

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