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04.04.12 - Gerhard Lichtenauer - Druckansicht und drucken

[D+1262] Pflege in Not

Bürokratie erstickt Menschlichkeit (update 2012)


Unsere schwerst mehrfachbehinderte erwachsene, “ehemalige” Pflegetochter Katja (knapp 24 jährig, “basal”, wachkomaähnlich) kam vor über 22 Jahren aus einem Wiener Säuglingsheim in unsere Familie. Vor sieben Jahren, Katja war inzwischen 16 Jahre alt, war die wirtschaftliche Belastung nicht mehr zu bewältigen. Immer mehr erforderte die Pflegearbeit unser beider Einsatz als Pflegeeltern, sodass eine Erwerbsarbeit immer mehr unmöglich wurde. Wir waren indirekt zu einer Heimunterbringung Katjas genötigt.

Dort wurde sie jedoch nach nur sieben Wochen Unterbringung in der “besten Behinderteneinrichtung” Niederösterreichs (Zitat Soziallandesrätin) vom “renommierten” “Pflegeheim”- Betreiber – der seine Einrichtung als “eines der modernsten und bestausgestatteten Angebote für schwer mehrfach behinderte Menschen in Niederösterreich” beschreibt – in Abstimmung mit der Aufsichtsbehörde (Amtsmissbrauch) unangekündigt, fristlos und ungesetzlich rausgeworfen, nachdem wir als Fachleute, Pflege-, Betreuungs-, Hygiene- und Strukturmängel aufzeigten und die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen und getroffener Vereinbarungen einforderten.

Charlotte ist Dipl. Kinderkrankenschwester mit Weiterbildungen in Hauskrankenpflege, Gerhard hat als Bundesheer- und Rettungssanitäter eine Pflegehelfer-Ausbildung. Beide sind wir die höchstqualifiziertesten Pfleger für Katja mit inzwischen über 22 Jahren Erfahrung.

Seit dem Betreuungsabbruch vom 4.4.2005 kämpfen wir einen unerbittlichen Kleinkrieg, weit über der Grenze alles Unerträglichen, gegen die Sozialbehörden der Länder NÖ und Wien, in zwei Verfahren bis zu den Höchstgerichten. Es geht um eine angemessene und vernünftige Unterstützung für die lebensnotwendige, hochprofessionelle und viel bessere Rund-um-die-Uhr-Pflege zuhause, deren Finanzierung von der Sozialbürokratie bisher versagt wird.

Wir sind zwar rechtlich nicht dazu verpflichtet (unsere Pflegeelternschaft endete ja vor etwa sechs Jahren mit der Volljährigkeit Katjas), haben aber keine andere Alternative, als die lebensnotwendige 24-Stunden-Pflege weiterhin abzudecken. Und obwohl bereits seit mehreren Jahren ein Sonderbudget für Entlastungsbetreuung bewilligt wurde, kann dieses wegen irrealer Rahmenbedingungen nur zu einem geringsten Teil in Anspruch genommen werden. Die Vergütung unserer eigenen Pflegeleistungen aus diesem Sonderbudget wurde jahrelang überhaupt kategorisch verweigert.

In diesem Zusammenhang leiteten wir im Jahr 2011 ein Prüfungsverfahren nach dem NÖ Antidiskriminierungsgesetz ein. Dann kam die Zusage der Landessozialabteilung, dass auf einmal doch nichts dagegen spräche, uns eine Leistungsvergütung aus dem bereitstehenden Budget zu gewähren. Nachdem aber der in Diskriminierungsverfahren obligate Schlichtungsversuch im September 2011 scheiterte, gibt es auf einmal doch wieder (sachlich unhaltbare) Gründe, dass dies weiterhin verunmöglicht ist.

Für untaugliche Aussonderungseinrichtungen wurde ein Vielfaches bezahlt, dort flog unsere Katja fristlos raus (offiziellerseits wurde dazu bisher tunlichst geschwiegen). Für die “Lebens- Aufgabe” einer viel besseren Reha-Pflege und Betreuung ZUHAUSE bedeutet das eine Lebens- “Aufgabe”! Nur ein Bruchteil der Kosten in der Sonderwelt “Heim” wird für menschenwürdiges Leben daheim ersetzt.

Das österreichische Pflegesystem fördert aus öffentlichen Mitteln prekäre bis illegale und zum Teil gefährliche Pflege in Sondereinrichtungen etwa drei bis siebenmal so hoch, wie die völlig legale Pflege daheim durch pflegende Angehörige.

Pflegende Angehörige verlieren dadurch im Laufe der Jahre jeglichen sozialen Status und sind als Mitbetroffene der staatlichen Diskriminierungsgewalt gegen behinderte und pflegebedürftige Menschen an der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben weit unter der Armutsgrenze ausgeschlossen. Es gibt viele betroffene Familien.

Wir persönlich stehen seit etwa sechs Jahren davor, unser Eigenheim zu verlieren und stehen auch sonst auf allen Ebenen mit dem Rücken zur Wand.

Wir fragen uns vor allem zwei Dinge:
Womit haben wir das verdient und was haben wir falsch gemacht?

Pflegefamilie Lichtenauer Charlotte & Gerhard mit „Pflegetochter“ Katja
Weistrach, am 4.4.2012

Mehr Infos: http://katja.at und http://katja.at/leben/hilfe/notruf

Letztes ‘Update 2011’ vom 4. April 2011 – Erstveröffentlicht in Facebook am Ostersonntag, 4. April 2010, Download als PDF

2 comments to [D+1262] Pflege in Not

  • Ich kann dazu nur von meinem Problem ausgehen. Seit beinahe 2 Jahren bin ich ans Bett gefesselt und brauche für jegliche Handreichung (auch Nase putzen hilfe beim trinken, sollte irgendwo Juckreiz auftreten) ich kämpfe bereits seit ca. 3 Jahren mit sämtlichen Ämtern, Politikern, Magistraten und Vereinen um mein Recht ein Selbstbestimmtes Leben zu führen. Momentan hänge ich schon einige Zeit beim FSW fest, der für die Pflegegeldergänzungszusatztleistung zum Pflegegeld und zur Pension zuständig ist. Der Obmann meines Vereins, der mir bei der Bewältigung meines Problems behilflich ist, hatte ein Gespräch mit Ombudsmann Herrn Buchinger und anschliesend werden wir in einer Sendung im ORF zu sehen sein und hoffen, dass dadurch auch die Öffentlichkeit Wind von der Sache bekommt. Auserdem werden wir durch das Fernsehen den FSW zur Richtigstellung dieser Angelegenheit sozusagen zwingen, denn sobald etwas an die Öffentlichkeit geht, wird man wesentlich mehr erreichen. Ich hoffe Jetzt nur mehr, dass das Ganze etwas schneller voran geht, da ich dann auch noch eine Behindertengerechte Wohnung suchen muss und eventuell Leute, die mit mir ev. eine WG gründen würden. Natürlich muss ich mich auch um Pflegepersonal und deren Anliegen kümmern, da ich durch die Schwere meine Krankheit auf 24 Std. Hilfe zurück greifen muss.
    Vielen Dank im Voraus und herzliche Grüße
    Verena Weidner

  • Rosmarie Fischer

    “Wir fragen uns vor allem zwei Dinge:
    Womit haben wir das verdient und was haben wir falsch gemacht?”

    Liebe Charlotte, lieber Gerhard,

    na, Ihr ward einfach menschlich, das ist heutzutage nicht mehr gefragt.
    Egal ob Deutschland oder Österreich, bei Heimunterbringungen spielt das Geld plötzlich keine Rolle mehr. Bei uns Eltern und Angehörigen setzt man voraus, dass wir Pflege und Betreuung für eine Butterbrot leisten. Ein Beispiel: Die Heimunterbringung für meine Betreute kostet (ohne Taschengeld und Krankenversicherung) 6000 Euro. In diesem Preis sind ganz viele “das ist nicht unsere Aufgabe” enthalten. Für meine Tochter, die den gleichen Pflege- und Betreuungsbedarf hat, bekomme ich gerademal 700 Euro. Für die Pflegeperson Rosmarie ist “alles Ihre Aufgabe”. Ich betreue, ich pflege,ich bin für die hauswirtschaftlichen Verrichtungen zuständig, ich unterhalte, ich fördere, ich erkläre meiner Tochter die Welt, ich unterstütze Ärzte bei der Diagnosefindung, ich bin Urlaubsassistenz, ich bin nachts stets rufbereit usw. usw. Jeder Arbeitssuchende würde schreiend wegrennen, wenn er für diesen Hungerlohn dies alles bewerkstelligen müßte und lieber Arbeitslosengeld II beziehen.

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