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06.08.09 - Charlotte Lichtenauer - Druckansicht und drucken

[D+290] Pflegenotstand 2.0 - das reglementierte Chaos (6)

GuKG- Novelle 2009: Ist weitgehendere Reform oder praxisgerechte, rechtskonforme Umsetzung Not-Wendig?
Eigene Erfahrungen: Plausible Forderungen nach mehr Praxistauglichkeit gefährden die Pflegesicherheit!

Leserreaktionen zum BIZEPS-Artikel “Volle Blase? Bitte warten!” (Text siehe ganz unten):

Ist endlich Schluss mit Pflege-“Grauzone“?
Der “wichtige Zugang zum Ausbildungsmodul der Basisversorgung“ wurde für BehindertenbetreuerInnen im letzten Moment vom Gesundheitsministerium aus dem Begutachtungsentwurf gekippt.
Das ist gut so, denn dafür habe ich gehofft!
Es braucht in diesen Punkten keine GuKG Reform, sondern eine Reform des Gesetzgebers.
Warum sollte es nicht möglich sein, fachlich geschulte und befähigte Personen in solchen Einrichtungen arbeiten zu lassen?
Es ist eine Schande, dass hier auf dem Rücken der Ärmsten gespart wird!

Wer muss die Folgen dieser Schlamperei tragen?
Hautnah habe ich erlebt und erlebe es immer noch, was es bedeutet, einen schwerst pflegeabhängigen Menschen in so einer Wohngemeinschaft leben zu sehen, es ist eine Katastrophe für die Betroffenen und ihre um sie besorgten Eltern (sofern diese noch die Kraft dazu haben).
Die geistig und körperlich schwerstbehinderte Tochter meiner Freundin wurde kürzlich mit Verbrühungen dritten Grades in die Intensivstation eingeliefert, es passierte angeblich wahrscheinlich beim Baden durch einen Heilpädagogikstudenten (!) in einer Wiener GIN Einrichtung. Bis heute wird konsequent geschwiegen, wie denn sowas passieren konnte, es wird herunter gespielt mit den Worten “es kann doch jedem mal was passieren”.
Seit wann darf ein Student pflegerische Tätigkeiten ausüben? Niemanden kümmert das. Der Leiter dieser Einrichtung ignoriert solche Vorfälle; meine Freundin hat den Eindruck, dass versucht wird (permanentes mobbing), dieses Mädchen mitsamt ihrer besorgten Mutter loswerden zu können.
Man hat lieber unkomplizierte, dankbare Klienten….
Als mobile Kinderkrankenschwester erlebte ich auch in einer OÖ Einrichtung (ganz renommiert natürlich…) die wahnsinnige pflegerische Vernachlässigung eines Mädchens, welches nach einer schwierigen Operation wieder zurück in ihre Gruppe kam und NIEMAND zuständig war für die aufwändige Pflege, die hier nötig gewesen wäre.
Es ist vielmehr so, dass immer gesagt wird, wir machen das schon, wir können das – aber niemand übernimmt konkret die pflegerische Verantwortung!

(Länder-) Sparwille steht über dem (Bundes-) Gesetz
Menschen, die zB eine Kanüle oder PEG Sonde haben, oder schlicht und einfach nicht sprechen oder Bedürfnisse äußern können, können eigentlich in so einer Wohngemeinschaft nur unter extrem gefährlichen (illegalen) Bedingungen leben.
Das müsste nicht sein, läge es an gewillten Entscheidungsträgern, die sich an gegebene Gesetze halten und nicht gerade hier sparen!

Erfahrungen mit anmaßender Pflegekompetenz
Auch meine schwerstbehinderte Tochter hatte nach nur wenigen Wochen Aufenthalt in der angeblich besten Einrichtung NÖ´s durch pflegerische Vernachlässigung körperliche Schäden davongetragen. (Meine Anleitungen wurden permanent und konsequent ignoriert, weil “wir wissen das besser”, falsche Ernährung, falsche Lagerung, falsches Zähneputzen, uvm……)
Es geht ja nicht nur um Katheterisieren, Kanülenwechsel, PEG Versorgung – einzelne Tätigkeiten, wo man “sich jemanden holt”!
Vielmehr müsste in einer “öffentlichen Pflege und Betreuung” ganzheitlich gesehen werden, was noch alles wichtig ist (Lagerung, Ernährung, Stressvermeidung, uvm.)

Landesbehörden sind mitverantwortlich
Ich hoffe, dass die Bemühungen meines Mannes, der diese “renommierte” Einrichtung in NÖ samt ihren Aufsichtsbehörden bei der Staatsanwaltschaft wegen illegaler Pflege und Amtsmissbrauch (Prüfer sagen: “die werden schon wissen, was sie tun”) angezeigt hat, eine positive Auswirkung auf die zukünftige Entwicklung dieser Szene hat und schwerstbehinderte Menschen, denen es verwehrt wird, zuhause zu leben, wenigstens fachgerecht versorgt leben können.

Postings im Forum von BIZEPS-INFO:  nr=9918#fid10457 &  nr=9918#fid10456 3.August 2009 09:43 & 09:22 Uhr

BIZEPS-Posting von Frau Ulli S-H. (3. August 2009 15:14 Uhr)
Zum Beitrag von Charlotte Lichtenauer:
Ja optimal wäre es, wenn Menschen mit (all)umfassender Qualifikation für Menschen mit Behinderungen arbeiten würden: Diplomierte Pflegeausbildung, dipl. Sozialpädagogische Ausbildung, fähig respektvoll mit den KundInnen umzugehen, zu assistieren und nicht zu bestimmen…. nur in der Realität gibt es diese DienstnehmerInnen nicht.
Aktuell kann/muss ich mich bei der Anstellung von MitarbeiterInnen dafür entscheiden, ob mir das eine, oder andere wichtiger ist. Also sollte es möglich sein mit einer berufsbegleitenden Weiterbildung auch weitere notwendige (je nach Bedürfnis der/des BewohnerIn) Qualifikationen zu erwerben und dann auch einsetzen zu dürfen.
Ob es in einer Einrichtung gelingt Menschen gut zu begleiten hängt nach meiner Erfahrung nicht von diesen gesetzlichen Vorgaben ab, sondern vom Einsatz des Trägers, seiner Grundhaltung seinen KundInnen gegenüber, seiner Wehrhaftigkeit gegenüber Geldgebern (meist Ländern) und schließlich von der Kreativität zusätzlich Geld aufzutreiben.
Alles zu regeln, mittels Gesetzen zu bestimmen und dann (gezwungenermaßen) zu kontrollieren ist ein hilfloser Versuch der Qualitätssteigerung. Weit besser wäre es den Betroffenen ein persönliches Budget zu geben und sie selbst wählen zu lassen, wo sie die beste Leistung bekommen.

Antwort auf obigen Leserbeitrag:

Liebe Frau S-H,

Fachliche Qualität ist möglich und muss den gesamten Hilfebedarf abdecken
natürlich weiß ich, dass es so eine “eierlegende Wollmilchsau” nur sehr vereinzelt im institutionellen Bereich gibt. Eigentlich sind das ja nur die engsten Vertrauten!
Es muss jedoch möglich sein, in jeder Wohngruppe von jeder Qualifikation eine Fachkraft zu haben, die jeweils für ihr “Gebiet” Verantwortung trägt.
Es ist nicht so, dass es nur behinderte Menschen gibt, die lediglich eine “Begleitung” brauchen. Manche Menschen, so wie zb meine Tochter braucht mehr. Ihr Zustand als wachkomaähnlich erfordert qualitative Pflege und umfassende Betreuung zusätzlich zur sozialpädagogischen Komponente!

Realität “anerkannter” Dienste und Einrichtungen
Auch ich erlebe, dass es Diplomiertes Personal gibt, welches noch niemals mit einem (schwerst)behinderten Menschen zu tun hatte und trotzdem wird es mir als “Fachpersonal” ins Haus geschickt.
Als Praktikantin zu meiner Weiterbildung in Hauskrankenpflege für Kinder erlebte ich 2004 in Axams eine Wohngruppe mit teils schwerst mehrfach behinderten Kindern mit PEG Sonde, wo die Leitung dieser Gruppe gar keine fachliche Ausbildung hatte!
Ich hatte fast einen Schock, als eine Betreuerin meinte, das ärztlich vorgeschriebene Antibiotika für ein Kind müsse sie ein wenig reduzieren, damit es sich “länger ausgeht”…

Anspruch auf individuell bedarfsdeckendes “Persönliches Budget” wäre die Lösung
Leider ist es wirklich so, dass die Einrichtungsleiter um Geld kämpfen müssen bei diversen Kostenträgern, GERADE DAS SOLLTE NICHT SO SEIN DÜRFEN!
Sie haben Recht, die hilflosen Versuche politisch Verantwortlicher als VÖLLIG INKOPETENTE LAIEN in diesem Bereich Bestimmungen zu machen, wird solange scheitern, bis JEDER behinderte Mensch in Österreich sein AUSREICHENDES persönliches Budget bekommt, welches er (bzw seine ihn unterstützenden Vertrauenspersonen) selber für seinen individuellen Hilfebedarf eigenverantwortlich verwaltet!
Die diskriminierende Haltung gegenüber mental beeinträchtigten Menschen findet leider auch in diesem Bereich immer noch statt!

Postings im Forum von BIZEPS-INFO:  nr=9918#fid10459 3. August 2009 19:35 Uhr

Artikel bei BIZEPS-INFO –  Text: Dr. Franz-Joseph Huainigg (29. Juli 2009)

Volle Blase? Bitte warten!
Wenn berufsständische Interessen vor die Bedürfnisse behinderter Menschen gestellt werden, bleibt die Blase voll, der Darm unentleert und die Atemkanüle lebensbedrohlich verstopft.

Luise F. lebt in einer oberösterreichischen Wohngruppe für behinderte Menschen. Wenn sie durch die Hitze etwas zu viel Wasser getrunken oder zu viel wasserhältiges Obst gegessen hat, kann es sein, dass plötzlich schon um 15:00 Uhr ihre Blase voll ist. Obwohl sie es könnten, darf keiner der BehindertenbetreuerInnen sie katheterisieren.
Luise muss bis 18:00 warten, dann kommt die mobile Krankenschwester und mit ihr die Erleichterung. Bis dahin heißt es Schmerzen aushalten, spastische Krämpfe ertragen und eventuell sogar Gesundheitsschäden durch den Urinrückstau in die Nieren riskieren.
Man muss der Tatsache ins Auge sehen, dass nicht alle behinderten Menschen zu Hause leben können. Wenn man große Pflegeheime durch kleine Wohngemeinschaften und kleine Wohngruppen (bis zu 8 Personen) ersetzen möchte, muss man auch die Rahmenbedingungen für die Pflege behinderter Menschen entsprechend ihren Bedürfnissen adaptieren.
In familienähnlichen Wohnstrukturen kann nicht rund um die Uhr eine Pflegefachkraft auf Abruf bereit gestellt werden. Daher ist es notwendig, dass pflegerische Tätigkeiten für eine bestimmte behinderte Person in der WG von einer Pflegefachkraft an eine/n BetreuerIn delegiert werden können.
In der Novelle 2008 zum Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG) konnte das wichtige Delegationsprinzip geschaffen werden. Dadurch können pflegerische Tätigkeiten von Pflegefachkräften an PersonenbetreuerInnen im Rahmen der 24-Stunden-Betreuung und an persönliche AssistentenInnen delegiert werden. Es ist völlig unverständlich, warum man ausgebildete BehindertenbetreuerInnen in Wohngruppen vom Delegationsprinzip noch immer ausschließt. Die derzeitige gesetzliche Regelung im GuKG führt zu teilweise absurden Situationen in Wohngemeinschaften:
Ein Abführzäpfchen darf nur die diplomierte Fachkraft verabreichen, auch einfache Verbände dürfen trotz Infektionsgefahr von BehindertenbetreuerInnen nicht gewechselt und sogar die Atemkanüle darf bei Verschleimung nur von einem diplomierten Krankenpfleger abgesaugt werden. Sogar bei Notfällen ist ein entsprechender mobiler Dienst zu kontaktieren. Wer weiß, dass bereits nach drei Minuten ohne Atmung Gehirnschäden auftreten, sieht die Irrationalität dieser Regelungen.
Betont sei, dass es hier nicht um Qualität geht. Denn eine Beatmungskanüle gut und fachgerecht absaugen, können nach einer Einschulung persönliche AssistentInnen genauso wie pflegende Angehörige. Es liegt an der Pflegegewerkschaft anstatt überholte Berufspfründe abzusichern, ein funktionierendes Case- und Care-Management aufzubauen. Dadurch würden nicht nur behinderte Menschen sondern auch Pflegefachkräfte durch neue Aufgabenbereiche profitieren.
Die Nagelprobe zwischen berufsständischen Interessen und den Grundbedürfnissen behinderter Menschen passierte im Ministerrat, wo die GuKG-Novelle auf der Tagesordnung stand.
Der wichtige Zugang zum Ausbildungsmodul der Basisversorgung wurde für BehindertenbetreuerInnen im letzten Moment vom Gesundheitsministerium aus dem Begutachtungsentwurf gekippt. Ebenso findet sich kein Ansatz eines Delegationsprinzips. Bestehendes wird festbetoniert, Flexibilisierungsansätze fehlen. Es braucht dringend eine GuKG-Reform, aber nicht diese!

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