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26.10.08 - Gerhard Lichtenauer - Druckansicht und drucken

[D+6] Grundrechtsbeugung endlich beenden!

Im Sozialbereich werden Grundrechte mit Füssen getreten.
Die Achtung vor der Verfassung und den Menschenrechten ist herzustellen.

Leserbrief “Recht darf kein Schaustück sein! ” im KOBINET- Forum – 26.10.2008, 19:12

Recht darf kein Schaustück sein!

Vielleicht sollten die Benachteiligungsverbote in Artikel 3 (Deutschland) bzw. Artikel 7 (Österreich) wieder aus den Bundesverfassungen gestrichen werden, wenn diese ohnehin nur zum schönen Schein von Gleichbehandlung in der Verfassung stehen, defakto aber totes Recht darstellen. Wir brauchen keine Grundrechte, die in einer Panzerglasvitrine – bestens vor Zugriffen geschützt – ausgestellt werden. Wir brauchen Rechte zum Angreifen!

Grundrechte dürfen weder aus fiskalen Gründen noch aus Behördenwillkür oder anderen niederen ökonomistischen Instinkten ausgehebelt werden, weder grundsätzlich und schon gar nicht gegenüber Kindern und allen Menschen, die einer umfassenden Unterstützung durch die Solidargemeinschaft bedürfen. (www.katja.at/leben )

Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Kroll,

danke für Ihre deutlichen Worte, die ich aus leidvoller Erfahrung im Umgang mit österreichischen Jugendämtern und Sozialbehörden vollinhaltlich nur bestätigen kann. Die Formulierungen können gar nicht drastisch genug sein, um den Irrsinn und Starrsinn behördlicher Inkompetenz und Ignoranz auszudrücken!

Ja, es muss sich dringend etwas verändern und ich wünsche Ihnen von ganzem Herzen, dass Sie Ihre Kraft und Einsicht für den dringend erforderlichen Veränderungsprozess einbringen können, morgen bei der Verhandlung 1 und auch weiterhin als couragierter “Anwalt”, der dieser Bezeichnung auch würdig ist.

In aufrichtiger Wertschätzung,
Gerhard Lichtenauer, Initiator der österreichischen Bürgerinitiative “Daheim statt Heim” [URL entfernt, Anm.]

Quelle: kobinet-nachrichten 26.10.2008 – 09:15

Behördenwillkür – Jugendamt – Kindeswohl – Suizidgefahr

Von Alfred Kroll

Oldenburg (kobinet) Das Schicksal seelisch beeinträchtigter Kinder ist besorgniserregend. Am Beispiel von Kindern mit einem Asperger-Syndrom dürfte es besonders deutlich werden. Der Staat garantiert diesen benachteiligten Kindern grundrechtlich verbriefte Hilfeinstrumente insbesondere im Hinblick auf eine angemessene Schulbildung. Die damit einhergehenden Kosten, die z.B. für von diesen benachteiligten Kindern benötigten Schul- bzw. Integrationshelfers anfallen, wollen viele Jugendämter nicht übernehmen mit der Konsequenz, dass die betroffenen, teilweise hoch intelligenten Kinder nicht eine Regel- oder Integrationsschule besuchen können, sondern an Förderschulen “abgeschoben” werden. Trotz einer grundrechtlich garantierten Chancengleichheit sowie eines zugesicherten Benachteiligungsverbotes endet die berufliche Laufbahn dieser Kinder tendenziell in Werkstätten für behinderte Menschen. Hätten diese Kinder jedoch eine staatlich zugesicherte Förderung erhalten, so wären sie gfls. in der Lage, sich auf der Grundlage eines Studiums eine gesicherte Existenzgrundlage aufzubauen.

Es geht den Sozialleistungsbehörden tendenziell vorrangig um die Einsparung bzw. Vermeidung von Kosten, die dahinter stehenden Schicksale der benachteiligten Kinder ist vielfach zweitrangig. Kinder mit seelischen Beeinträchtigungen und/oder erheblichen Verhaltensauffälligkeiten sind in einem erhöhten Maße suizidgefährdet. Einige meiner jungen Mandanten haben in ihrer Verzweiflung, Not u. Hilflosigkeit Suizid begangen, auch Fremdgefährdung und Amokgefahren drohten bzw. drohen aktuell. Zudem wurden völlig überforderte und von Jugendämtern im Stich gelassene Eltern in ihrer Lebensweise erheblich beeinträchtigt bzw. wurde das gesamte Familienleben zerstört!

Es ist Aufgabe und Verpflichtung eines Jugendamtes, Rechtsansprüche von Hilfesuchenden zu erfüllten und das Wohl benachteiligter Kinder stets im Auge zu behalten. Den mit der Umsetzung von Rechtsansprüchen einhergehenden hohen Amtspflichten genügen Jugendämter vielfach nicht ansatzweise. Stattdessen erfahren bereits junge Menschen Behördenwillkür, das Kindeswohl ist wohl zu teuer!

Es gehört zu den Aufgaben und Pflichten eines Anwaltes, sich im Falle staatlicher Machtüberschreitung schützend vor seine (jungen) Mandanten zu stellen und diese insbesondere vor Schäden in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu bewahren. Wenn anwaltlich tief greifende Grundrechtsverletzungen zu Lasten minderjähriger Kinder insbesondere gegenüber Jugendämtern gerügt und behördlicherseits objektiv-willkürliche Hürden zur Vereitelung von Rechtsansprüchen geschaffen werden, ist letztlich wohl kein Raum mehr für anwaltliche Diplomatie vorhanden. Im Kampf um das Recht zu Gunsten benachteiligter Kinder sind – zumindest in Ausnahmesituationen – zur Gefahrenabwehr drastische Formulierungen angezeigt bzw. unvermeidbar. Sachlichkeit um jeden Preis? Ich sage NEIN!

Es ist an der Zeit, die tendenziell objektiv-willkürlichen Behördenstrukturen insbesondere zu Lasten junger behinderter Menschen transparent zu machen. Das Kindeswohl , die Menschenwürde und das Benachteiligungsverbot müssen auch unter wirtschaftlichen Kriterien wieder Geltung erlangen. Ein sozialer Rechtsstaat muss Behördenwillkür vermeiden, Behördenwillkür braucht kein Mensch! Deshalb ziehe ich am Montag, den 27.10.2008, insbesondere für junge, behinderte Menschen in Oldenburg vor Gericht. Es muss sich in unserem sozialen Rechtsstaat zum Wohle unserer Kinder dringend etwas verändern. Wir sind alle aufgefordert und verpflichtet, das Wohl unserer Kinder zu schützen und zu fördern. Ich bitte von daher die Öffentlichkeit um nachhaltige Unterstützung im Sinne des Einleitens eines dringend erforderlichen Veränderungsprozesses. sch

Alfred Kroll ist Rechtsanwalt in Oldenburg, spezialisiert auf Behinderten- und Sozialrecht

  1. Anmerkung vom 14.5.2009: Weitere Informationen siehe Presseinformation Behördenwillkür und anwaltliches Standesverfahren

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