Das organisierte Pflege-Chaos: Behinderteneinrichtungen als “illegaler Pflegeheimbetrieb”!
Unter welchen Rahmenbedingungen wäre Delegation von Pflegetätigkeiten verantwortbar?
Familienähnliche kleine Wohngemeinschaften sind als alternative Wohnformen zu etablieren. Wenn selbstbestimmtes und selbstverantwortetes Leben in der eigenen Wohnung tatsächlich unmöglich wäre und/oder ein ausdrücklicher Wunsch nach so einer gemeinschaftlichen unterstützten Wohnform besteht, können solche Projekte eine gute Lösung sein.
Zu beachten ist jedoch, dass die real existierende Praxis in solchen Wohngemeinschaften nicht den bekannten Mustern bevormundender, entrechtender und segregierender Befürsorgungssysteme entsprechen darf, wie sie in sogenannten “Heimen” oftmals erlebt wurde und wird.
Deshalb ist es unabdingbar, dass die Unterstützungsleistungen in derartigen – möglichst selbstverwalteten – Projekten individualisiert werden und den Prinzipien der “Persönlichen Assistenz” folgen. Bei Einschränkungen der Eigenkompetenz wird die zu respektierende Selbstbestimmung der Assistenznehmer durch gesetzliche Vertreter, Eltern oder besonders geschulte Vertrauenspersonen wahrgenommen.
Erst unter solchen Voraussetzungen sollten die angesprochene Flexibilisierung und eine Delegation von Pflegetätigkeiten an individuell auf die Bedürfnisse einzelner Bewohner eingeschulte Behindertenhelfer sinnvoll sein. Bei hohem Pflegebedarf unmündiger Personen ist jedoch eine ausreichende pflegerische Kompetenz, Aufsicht und Verantwortung unabkömmlich.
Posting im Forum von BIZEPS-INFO: http://www.bizeps.or.at/news.php?nr=9811#fid10325 vom 13. Juli 2009
Quelle: BIZEPS-INFO – 9. Juli 2009 ÖVP-Behindertensprecher franz-Joseph Huainigg fordert:
… Delegationsprinzip von Pflegetätigkeiten soll behinderten Menschen ein Leben in familienähnlichen Wohnstrukturen sichern… “Das Glück, zuhause in der Familie leben zu können, wird allerdings nicht allen behinderten Menschen zuteil”, sagt Huainigg weiter und fordert eine notwendige Flexibilisierung der Pflegepraxis in familienähnlichen kleinen Wohngemeinschaften: “Wir wollen weg von großen Pflegeinstitutionen hin zu Wohngruppen von vier bis maximal acht BewohnerInnen. Während in großen Einrichtungen Pflegefachkräfte rund um die Uhr verfügbar sein können, ist das in kleinen, dezentralen Wohngemeinschaften nicht möglich. Hier ist die Verankerung des Delegationsprinzips im GuKG für bestimmte Pflegetätigkeiten ähnlich der 24-Stunden-Betreuung notwendig”, sagt Huainigg und erklärt weiter: “Die, den behinderten Menschen vertrauten Behindertenbetreuer sollen nach einer Einschulung durch eine Pflegekraft auch spezifische Pflegetätigkeiten bei einem behinderten Menschen durchführen dürfen – natürlich auf eine Person begrenzt und kontrolliert”.
Die Behindertenbetreuer sollen eine Grundausbildung im jetzt schon im GuKG definierten Basismodul Grundversorgung erhalten. Huainigg verweist auf die derzeit teilweise absurden Alltagssituationen in betreuten Wohngemeinschaften: “Beispielsweise darf einem behinderten Menschen vom ausgebildeten und vertrauten Behindertenpädagogen bei einer Verstopfung kein Abführzäpfchen verabreicht werden. Dafür muss extra eine diplomierte Krankenschwester kommen. Neben der zeitlichen Verzögerung und dem finanziellen Aufwand kommt hinzu, dass der intime Eignriff von einer völlig fremden Person durchgeführt wird. Noch unverständlicher ist dies, wenn man bedenkt, dass der pflegende Angehörige im Gegensatz zum ausgebildeten Behindertenbetreuer jegliche Pflegetätigkeiten durchführen darf”, kritisiert der ÖVP-Behindertensprecher.
Er fordert daher eine, nach den Bedürfnissen behinderter Menschen ausgerichtete Änderung im GuKG: “Im Sinne behinderter Menschen gilt es, berufständische Interessen hintanzustellen. Pflegefachkräfte werden dringender denn je gebraucht, vor allem bei der Einschulung und Kontrolle von Pflegetätigkeiten”.
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