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Betreff: | Personenbetreuung – Erfolg des Selbstständigen-Modells in der Pflege? |
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Datum: | 06 Aug 2008 16:51 |
Von: | Österreichische Bürgerinitiative “Daheim statt Heim“ Gerhard Lichtenauer, Ing. <gerhard@lichtenauer.at> |
An: | Dr. Reinhold Mitterlehner, WKO, Generalsekretär-Stv. <reinhold.mitterlehner@wko.at>, Dr. Elisabeth Sperlich, WKO, Abt. für Rechtspolitik <elisabeth.sperlich@wko.at> |
OFFENER BRIEF
Betr.: Erfolgsmodell Personenbetreuung
In einer Presseaussendung (5.8.08) zum Erfolg des Selbständigenmodells zur Personenbetreuung wird das Selbstständigen-Modell in der Pflege in höchsten Tönen gelobt. Ich möchte diese einseitige Sicht etwas auf den Boden der Realität herunterholen.
Dass Rahmenbedingungen einer 24-Stunden-Betreuuung und Pflege nicht in das arbeitszeitrechtliche Korsett eines unselbständigen Dienstverhältnisses gepresst werden können, liegt auf der Hand.
Nach Veröffentlichung des “Bartenstein-Modells” (!), die Legalisierungslösung auf dem “Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz” (HausgG) aufzubauen, gab ich dazu bereits mehrere kritische Kommentare ab. Siehe z.B. meinen Kommentar vom 8.Februar 2007:
Milchmädchenrechnung: 9+5=24 – noch Fragen?
Oder meinen Kommentar vom 10.Februar 2007:
“… mit der klassischen 40-Stunden-Woche ist das Problem der 24-Stunden-Pflege und Betreuung nicht zu lösen” – genausowenig aber auch mit einer 64-Stunden-Woche, da jede Woche nun mal 168 Stunden (24×7) hat. Der Schlüssel zur Lösung scheint gefunden: Man nehme den Sklavenlohn von Hausgehilfen, die unbezahlte “inaktive Bereitschaftszeit” vom Krankenhausdienst, die Einsatzbereitschaft für die offen bleibenden 70 Stunden vom “Ehrenamt”, vielleicht auch noch die tägliche Kündbarkeit von Tagelöhnern und kommt sicher noch auf andere Rosinen in verschiedenen Beschäftigungsformen, die man sich für eine geniale Lösung herauspickt. In einem gebe ich völlig recht: Wie im Regierungsprogramm vorgegeben, ist die Lösung möglichst auf der Basis selbständiger Beschäftigung zu suchen. In jeglicher Art von Dienstverhältnis, auch nach dem HausgG, halte ich persönlich eine Lösung für ausgeschlossen.
Die “kleine Ungenauigkeit”, mit einer 64-Stunden-Arbeitswoche 168 Stunden Leistungsabdeckung pro Woche vorzutäuschen, hat sich bis heute gehalten. Dieses unredliche “Flunkern” mit der angeblichen “24-Stunden”- Lösung hat sich die gesamte Legislaturperiode, bis hinein in Pflegegesetze und Verfassungsbestimmungen fortgesetzt, was m.E. das rechtsstaatliche Prinzip (Legalitätsprinzip der Bundesverfassung) aushöhlt.
Ein Dienstleistungs- Anbieter, welcher die irreführende Deklaration des vorliegenden Regelwerks zur “24-Stunden-Betreuuung” verwenden würde, käme zumindest in Konflikt mit dem Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), siehe dazu meinen Kommentar vom 28.01.08:
Unabhängig davon, dass der “24-Stunden”-Schmäh bereits seit fast einem Jahr verzapft wird und auch zu Ehren eines Bundesgesetzes kam, könnten sich alle Anbieter der so genannten “24-Stunden-Betreuung” den Vorwurf irreführender Geschäftspraktiken wegen unrichtiger Angaben nach dem Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) konfrontiert sehen. In der Anpreisung des “Produktes” werden pflegebedürftige Menschen darüber offenkundig getäuscht, es handle sich um eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung, wo es sich doch lediglich um bis zu neun Stunden täglicher Tätigkeit handelt. … Klären die “Vermittler” auch darüber auf, dass die zumeist selbständigen Personenbetreuer nicht an Weisungen gebunden sein dürfen und Vorgaben über Arbeitszeit, Arbeitsort und Arbeitsabfolge unzulässig sind?
Einen ausführlichen Kommentar zu den damaligen Lösungsvorschlägen des Arbeitsministers verfasste ich am 11. Feber 2007: “Vorschlag zur 24-Stunden-Pflege – nützlich?”
An meinem damaligen Resumee,
… Offensichtlich geht es bei diesen Vorschlägen nur um eine, für das Budget möglichst schonende Legalisierung jener Fälle, in denen bisher “illegale” ausländische PflegerInnen zum Einsatz kamen, was nur bei etwa 5 % (!) aller Pflegebedürftigen der Fall ist.
hat sich trotz intensivster legistischer Arbeit an dieser Materie in dieser Legislaturperiode leider nichts geändert.
Es ist festzuhalten, dass es sich bei der bisherigen Lösung, auch inklusive der in Torschlußpanik und aus wahltaktischen Überlegungen (beider Regierungsparteien) durchzupeitschenden Reparaturen (z.B. Förderungs-Anhebung, Pflegegeld-Minimalerhöhung und Wegfall der Vermögensgrenze), um eine Mogelpackung, sowohl bei der selbständigen, als auch der unselbständigen Lösung, handelt.
Vor dem Hintergrund der so genannten “Scheinsellbständigkeit” (die arbeitsverfassungsrechtlich noch immer nicht gelöst wurde) ist trotz beider Varianten in den allermeisten Betreuungsfällen eine “leistbare UND legale” Organisation kaum zu realisieren!
Meine Kritik vom 27. Jänner 2007 am Kurs der nunmehr gescheiterten Regierung,
… allen Statements der letzten Monate, die Pflege zuhause leistbar zu machen, leider nur mehr die Bezuschussung von bisher “illegaler” Pflege durch Auslandskräfte verstanden wird und der weitere flächendeckende Ausbau ambulanter Pflegedienste, vorangetrieben werden soll. Als Unterstützung pflegender Angehöriger, bleiben nur mehr Scheinverbesserungen, …
… Hoffentlich … über die besseren Alternativen zur stationären Betreuung noch weitreichender nachgedacht und die Situation pflegender Nahestehender in die Überlegungen besser miteinbezogen werden, als dies leider in der öffentlichen Diskussion bisher geschieht.
ist nach wie vor aufrecht:
Pflegende Angehörige, welche den größten und qualifiziertesten (immer schon legalen) Pflegedienst im Wert von jährlich 2,6 Mrd. Euro (Quelle: Wifo) stellen, wurden und werden von dieser Regierung unter Vorgaukelung falscher Informationen in der Öffentlichkeit schlichtweg “verschaukelt”!
Abschließend noch meine Beurteiluung des “Erfolgsmodells” im Zusammenhang mit dem Gesamtproblem des “Pflegenotstandes”:
- Die verlängerte so genannten “Pflege-Amnestie” (“Schwamm-drüber-Pardonierung” mit angesetztem Messer) lief am 30.6.08 aus. Seither drohen wieder Strafen und ruinöse Nachzahlungen für etwa 10.000 bis 30.000 (aus gutem Grund-) Verweigerer der fälschlich so genannten “Legalisierung”, auch für Jene die sich ab 1. Juli anmelden würden. Das Damoklesschwert der “Scheinselbständigkeit” mit Gefahr horrender Nachzahlungen bleibt für alle Betroffenen, jetzt sogar noch mehr für die “Legalisierer” aufrecht.
- Die bisherigen Massnahmen der Regierung waren absolut nutzlos, betreffen gerade mal einige Prozent der Pflegebedürftigen und brachte nur Verteuerung und Bürokratisierung. Die gesteckten Ziele, vor allem “legal” und “leisbar” weisen noch gravierende Lücken auf.
- Statt umfassender Lösungen im Pflegebereich (laut Regierungsprogramm) ist noch nicht einmal eine Pflegegeld- Anpassung fixiert, die im Gespräch befindliche ist eine Verhöhnung.
- Weitere geplante marginalen Verbesserungen für behinderte Kinder und Demenzkranke bringen gar nichts für die höchste Pflegestufe!
Mit freundlichen Grüßen
Ing. Gerhard Lichtenauer
Initiator der Österreichischen Bürgerinitiative “Daheim statt Heim”
T: 0699 12490010
PS: Ich behalte mir vor, diesen offenen Brief und ggf. Antworten darauf, auf den Webseiten von “Daheim-statt-Heim” bzw. dem Blog www.katja.at zu veröffentlichen.
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