Finanzierung von Pflege, Betreuung und Assistenz sichern … [Teil 4]
Auszug:
- Hauptproblem ist die völlig inkompetente und verkorkste Sozialbürokratie Österreichs. Die Existenz von betroffenen Familien mit höchst pflegebedürftigen Angehörigen wird systematisch zerstört.
- Gerechtigkeit (gerechter Lohn, was sonst?) für pflegende Angehörige und alle pflegenden Personen ist unbedingte Pflicht der Solidargemeinschaft.
- Soziale Sicherheit (als Kernaufgabe des Staates) ist endlich an neue Gegebenheiten anzupassen, sie wird derzeit grob missachtet!
- Der individuelle Hilfebedarf (inkl. gesellschaftlicher Teilhabe-Aspekte) muss menschenwürdig abgedeckt werden, sonst geht der Rest an Menschlichkeit unserer Gesellschaft bald verloren.
NR-Abg Dr. Franz-Joseph Huainigg, ÖVP-Sprecher für Menschen mit Behinderung, präsentiert in den drei Wochen bis zur NR-Wahl am 28.09.2008 auf seiner Homepage 21 Positionen, Forderungen und Wünsche zur Behindertenpolitik.
Hier in Katja’s Blog meine Diskussionsbeiträge im FJH21-Forum – Link zu allen meinen Beiträgen: katja.at/tag/fjh21
Beitrag DsH_ad_FJH21-13_4 (2008.09.24-11:16):
Position 9: Weiterentwicklung des Pflegesystems durch Österreichfonds … [Teil 4] (FJH- Originaltext siehe unten)
Zu den Fragen:
*** Falls Sie betroffen sind: Welche Probleme haben Sie im Pflegebereich?***
Als pflegender Nahestehender unserer schwerst mehrfachbehinderten (“ehemaligen “) Pflegetochter, mit 19 Jahren sehr intensiver Pflege- Erfahrung kann ich nur feststellen: Das Hauptproblem ist nicht die schwere Behinderung mit höchstem Pflegebedarf an sich, es ist nicht einmal das Kostenproblem für die öffentliche Hand, sondern die völlig inkompetente und verkorkste Sozialbürokratie Österreichs, insbesondere der Bundesländer Wien und Niederösterreich.
Mit unglaublicher Ignoranz, schmerzhafter Unprofessionalität, unverständlicher Borniertheit, langatmiger Gewissenlosigkeit und Präpotenz bis hin zu Korruption und Kriminalität, werden auf Länderebene Gleichbehandlungsrechte und Benachteiligungsverbote der Verfassung ignoriert, die physische und psychische Integrität von schwerst behinderten Menschen gefährdet und die wirtschaftliche Existenz von betroffenen Familien mit höchst pflegebedürftigen Angehörigen systematisch zerstört. Unglaubliche Details zu dieser – in vollem Bewusstsein der straf- und zivilrechtlichen Relevanz – getroffenen Anschuldigungen, werden bald auf der Webseite katja.at/leben [Anm.: “Katja – mein Leben”] veröffentlicht.
*** Welche Maßnahmen braucht es, um pflegende Angehörige weiter zu unterstützen? ***
Einfach nur Gerechtigkeit!
Armut, Unterversorgung und Pflegeverwahrlosung als Langzeitfolgen von Pflegebedürftigkeit – die jeden, jederzeit treffen kann – darf nicht länger als individuelles Risiko betrachtet bleiben. Zur Zeit der Entwicklung von sozialen Sicherungssystemen wie z.B. Kranken- und Pensionsversicherung, war das Problem der Langzeit- Pflegebedürftigkeit weit nicht in dem Maße gegeben, wie es heute der Fall ist. Medizinischer Fortschritt und Auflösung von bisherigen Familienstrukturen haben die Situation entscheidend verändert, worauf soziale Sicherungsmaßnahmen noch nicht entsprechend angepasst wurden.
Ein bedarfsdeckendes, solidarisches Tragen aller behinderungs- und pflegebedarf- verursachten, individuellen Bedürfnisse ist unbedingte Not-Wendigkeit! Die Bereitstellung von Unterstützungsressourcen soweit wie gewünscht und erforderlich, Lastenaufteilung und Nachteilsausgleich, insbesondere auch der finanziellen Aufwendungen und Einbußen, damit Betroffene und Mit-Betroffene ein halbwegs “normales” Leben führen zu können.
Denn Eines ist klar, die derzeit seitens der “Solidargemeinschaft” in schäbiger Weise verweigerte Bedarfsdeckung an benötigten Unterstützungen wird immer von jemand “kompensiert” oder mit dem Leben “bezahlt”, im übertragenen und auch im wörtlichen Sinn!
Ein Pflegesystem ist gegenüber Betroffenen und Pflegenden (egal ob Professionelle oder Angehörige) erst dann gerecht und menschenwürdig, wenn es den individuellen Hilfebedarf (inkl. Teilhabe-Aspekten) abdeckt und ALLEN pflegenden, bereuenden und assistierenden Personen einen gerechten Lohn für gute Arbeit zugesteht und durch vielfältige Entlastungsangebote vor Ausbeutung und Selbstausbeutung schützt. Das heißt insbesondere auch, dass pflegenden Angehörigen (und allen anderen informell Helfenden) ein angemessenes Entgelt zusteht, welches Verdienstentgang und soziale Absicherung adäquat abdeckt.
Wir erleben heute, dass so genannte “Leistungsträger” mit bis zum 100-Fachem ihrer Leistung überbezahlt werden. Die tatsächlichen Leistungsträger, pflegende Angehörige, welche das österreichische Pflegesystem aufrecht erhalten, sind mit verbleibendem Rest-Pflegegeld bis zu 10-fach unterbezahlt bis völlig unbezahlt. Das ist einfach nur ungerecht!
*** Haben Sie Angst pflegebedürftig zu werden? ***
Ich habe keine Angst davor, weil das Leben – selbst in größter Not – immer lebenswert bleibt. Jede Lebenssituation von der wir herausgefordert werden, auch alle Grenzerfahrungen, habeneine wichtige Bedeutung und einen tiefen Sinn. Mir graut jedoch vor einer längst schon heraufdämmernden Gesellschaft, deren Reste an Menschlichkeit von skrupellosem Ökonomismus erdrückt wurden. An opferbereiten Widerstandskämpfern wird es wieder einmal mangeln.
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Gerhard Lichtenauer, Österreichische Bürgerinitiative “Daheim statt Heim” (www.daheim-statt-heim.katja.at) und Katja’s Blog (www.katja.at)
ORIGINALTEXT zu FJH21-13 -Quelle: http://www.franzhuainigg.at/cgi-bin/fjh21.cgi?_13 (15.09.2008)
WEITERENTWICKLUNG DES PFLEGESYSTEMS DURCH ÖSTERREICHFONDS
“Die Finanzierung der Pflege muss auch in Zukunft gewährleistet sein. Die Einrichtung eines Österreichfonds soll das sichern”, diesen Vorschlag zur Weiterentwicklung unseres Pflegesystems nannte Vizekanzler Wilhelm Molterer bei seiner “Rede zur Lage der Nation”.
Dass unser Pflegesystem angesichts der demographischen Entwicklung dringend eine Weiterentwicklung braucht, steht fest. Nun gibt es einen ersten Finanzierungsvorschlag, wie sich das umsetzen lässt. Der Pflegefonds, wie ihn Wilhelm Molterer vorschlägt, soll aus Erlösen der Privatisierung gespeist werden und ähnlich wie der Familienlastenausgleichsfonds wirken. Im Pflegebereich könnten dadurch neue Pflegemöglichkeiten geschaffen und ausprobiert werden. – Etwa Tagesstrukturen, damit pflegende Angehörige auch einer Beschäftigung nach gehen können. Es braucht weiters finanzierbare Modell für ältere und behinderte Menschen, die keine Rund-um-die-Uhr-Betreuung brauchen, sondern nur stundenweise Unterstützung.
Bei der Weiterentwicklung des Pflegesystems geht es neben der Sicherung der Finanzierung vor allem um die Entlastung pflegender Angehöriger. 80 Prozent aller pflegebedürftigen Menschen werden zu Hause gepflegt.
Neben Forderungen und Anliegen gibt es aber auch Verbesserungen, die durchgesetzt werden konnten: Es ist gelungen, durch die 24h-Betreuung ein legales und leistbares System für ältere und behinderte Menschen zu schaffen, die rund um die Uhr einen Pflegebedarf haben. Dies war ein wichtiger erster Schritt, da Pflege nicht in einem legalen Graubereich stattfinden darf.
Durch die Novelle zum Gesunden- und Krankenpflegegesetz dürfen jetzt auch Persönliche AssistentInnen und PersonenbetreuerInnen im Rahmen der 24h-Betreuung Pflegetätigkeiten legal durchführen.
UND WAS MEINEN SIE?
Falls Sie betroffen sind: Welche Probleme haben Sie im Pflegebereich?
Welche Maßnahmen braucht es, um pflegende Angehörige weiter zu unterstützen?
Haben Sie Angst pflegebedürftig zu werden?
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