Enzyklika CARITAS IN VERITATE
über die ganzheitliche Entwicklung des Menschen in der Liebe und in der Wahrheit
Eigentlich hätte das Rundschreiben über Fragen sozialer Verantwortung von Prof. Dr. Joseph Alois Ratzinger (Benedikt XVI.) bereits im Vorjahr erscheinen sollen …
Doch dann kam “Die Krise”: Am 15.09.2008 wurde das weltweite Casino gesprengt. Das Kartenhaus der Finanzwelt fiel in sich zusammen, die Weltwirtschaft wird seither im Dominoeffekt mit in den Abgrund gerissen. Es ist nicht die Krise der Finanzwelt und der Wirtschaft, die uns jetzt den Atem raubt, sondern wir bekommen langsam die Konsequenz der menschlichen Hybris zu spüren, die sich u.a. exzessiv dem auf die Spitze der Verantwortungslosigkeit getriebenen Wahn nach dem schnellen Reichtum hingegeben hat, übersehend, dass wir alle im selben Boot sitzen. Ein Aspekt dieses (immer noch) anhaltenden skrupellosen Größenwahns ist, dass die Bedürfnisse der Hilfebedürftigsten auf dem Altar des Wirtschafts-Aufschwunges und des gesellschaftlichen Wohlstands geopfert wurden.
In vielfacher Weise wird das Jahr 2009 nun ein Jahr der Weichenstellungen. Ob die jahrzehntelange
Verantwortungslosigkeit, die an den Rand des globalen Kollaps’ führte, einfach verlängert wird, also
weiterhin mit Spachtelmasse die Risse zu kitten versucht werden, um den Zusammenbruch des
globalen Wirtschafts- und Gesellschafts- Gefüges etwas hinauszuzögern oder ob die Krise als Chance für einen Neubeginn einer Verantwortungsgesellschaft ergriffen wird?
Die Enzyklika “Caritas in Veritate” (lat. “Die Liebe in der Wahrheit”) musste umgeschrieben werden und wurde erst heute vom Vatikan veröffentlicht.
Thema des Rundschreibens über die ganzheitliche Entwicklung des Menschen ist die Bedeutung der in der Wahrheit und Gerechtigkeit verankerten Liebe in verantwortungsvollem gesellschaftlichen Handeln zum Gemeinwohl aller Menschen. Es ist ein Appell an die Regierungen und alle Menschen, die Würde des Menschen in den Mittelpunkt allen persönlichen und gesellschaftlichen Handelns zu stellen.
Die aktuelle Wirtschafts- und Finanzkrise habe deutlich gemacht, dass bisher geltende Vorstellungen neu überdacht werden müssen. Das treffe für die Industriestaaten wie für die Entwicklungsländer zu. Man müsse untersuchen, welche Werte und Regeln für ein neues Entwicklungsmodell erforderlich seien, das noch stärker den Erfordernissen der Solidarität und dem Respekt der Menschenwürde Rechnung trage.
Die Staaten sollten sich auf eine Wirtschaftsethik einigen, eine globale “politische Autorität” solle darüber wachen.1
Die Weltwirtschaftskrise könne einzig im Geist der Solidarität und der Wahrheit überwunden werden. Denn “ohne Wahrheit, ohne Vertrauen und ohne Liebe für das Wahre” könne es “weder soziales Gewissen noch soziale Verantwortung” geben.
Die Kapitel des Rundschreibens:
- Die Botschaft von Populorum Progressio2
- Die Entwicklung des Menschen in unserer Zeit
- Brüderlichkeit, Wirtschaftliche Entwicklung und Zivilgesellschaft
- Entwicklung der Völker, Rechte und Pflichten, Umwelt
- Die Zusammenarbeit der Menschheitsfamilie
- Die Entwicklung der Völker und die Technik
Herr Dr. Ratzinger hat wertvolle Ansprüche formuliert, die Umsetzung ist eine große Herausforderung an die gesamte Zivilgesellschaft.
Beim morgen beginnenden G-8-Gipfel in L’Aquila (Italien) werden hoffentlich einige dieser wichtigen Appelle in die Köpfe der wichtigsten Wirtschafts- und Staatenlenker “durchsickern“.
Weiterführende Links:
Vatikan: Caritas in veritate [Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Polnisch, Portugiesisch, Spanisch]
Wikipedia: Caritas in veritate
Die neue Sozialenzyklika des Papstes (Diözese Innsbruck)
Wikipedia: G8-Gipfel in L’Aquila 2009
Download der Enzyklika “Caritas in veritate” (deutsch) als Druckversion (PDF): caritas_in_veritate-dt.pdf
- Zur Anregung einer “globalen politische Autorität” bin ich sehr skeptisch. ↩
- Enzyklika “Populorum Progressio” von Paul VI über die Entwicklung der Völker (1967). Deutscher Text der Enzyklika auf der Webseite der Universität Innsbruck ↩
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