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Lebensrecht stärken, Verbot auf aktive Sterbehilfe festigen

Geborstene Schutzdämme für umfassenden Lebensschutz wieder instandsetzen!

Auszug:

NR-Abg Dr. Franz-Joseph Huainigg, ÖVP-Sprecher für Menschen mit Behinderung, präsentiert in den drei Wochen bis zur NR-Wahl am 28.09.2008 auf seiner Homepage [1] 21 Positionen, Forderungen und Wünsche zur Behindertenpolitik.

Hier in Katja’s Blog meine Diskussionsbeiträge im FJH21-Forum [2]:

Link zu allen meinen Beiträgen: katja.at/tag/fjh21 [3]

Beitrag DsH_ad_FJH21_18 (2008.09.10-03:35):

Position 4: Verbot auf aktive Sterbehilfe in der Verfassung, Ausbau Hospiz [4] … (FJH- Originaltext siehe unten)

Zuerst eine Ergänzung: Euthanasie an Neugeborenen wird nicht nur diskutiert, sondern in den Niederlanden bereits seit 2005 legal exekutiert. Die Tötung schwerst behinderter Kinder ist auch bei uns nicht nur bis zur Geburt legalisiert (Eugenische Indikation), sondern wird vereinzelt auch durch Nichtversorgung NACH der Geburt (illegal) praktiziert. „Todgeburt“ wird dann schriftlich festgehalten, um der Strafverfolgung zu entgehen.

Vor einigen Monaten lief im ORF eine Doku mit anschließender Diskussion, wo wir Zeuge einer Tötung eines Frühgeborenen (in den NL) wurden. Es wurde in diesem Film das Vorgehen der Ärzte (nach subtiler Manipulation der Eltern, welche die Entscheidung treffen mussten) sehr positiv und schlüssig dargestellt. Die anschließende Diskussion war sehr unreflektiert. Einzig Prim. Dr. A. Lischka (Wiener Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde) vertrat als einer der Diskutanten sehr gute Argumente dagegen, die mich für Österreich noch hoffen lassen. Meines Wissens gab es keinerlei Reaktionen oder Proteste auf diese Ausstrahlung.

Ich meine wir sollten sehr viele Maßnahmen ergreifen, welche geeignet sind, weitere Dammbrüche gegen den Schutz und die unantastbare Würde des Lebens vorzubeugen. Verbot auf aktive Sterbehilfe in der Verfassung und Stärkung von Palliativmedizin und Hospizbewegung könnten solche „Sandsäcke“ gegen die Flut sein. Es bedarf vieler weiterer Sandsäcke aber vor allem sehr vieler Menschen, welche diese zu den Schwachstellen der Dämme „tragen“. Das wird das Hauptproblem sein, dass wie mir scheint, immer weniger Menschen bereit sind, sich über ihre eigene Endlichkeit Gedanken zu machen und sich mit denen zu solidarisieren, die gerade den letzten Weg antreten.

Zu den Fragen:

*** Wird durch das Verbot der aktiven Sterbehilfe ein selbstbestimmtes Sterben verhindert? ***

Es gibt kein Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben, genau so, wie wir nicht selbst bestimmten, dass wir existieren. Nur der Geber des Lebens hat das Verfügungsrecht. Wer sich letztlich das Recht dazu herausnimmt, den werden keine Gesetze daran hindern können. Jegliche Suizid- Beihilfe, auch die in der Schweiz legale, ist abzulehnen.

*** Was ist höher zu bewerten: ein Recht auf Sterben oder ein Recht auf würdevolles Leben bis zum Ende? ***

Das Recht auf ein vorzeitiges Sterben existiert nicht. Es sollte aber das Recht auf Sterben in Würde gewährleistet sein. Das heißt, der Sterbeprozess ist auch zuzulassen! Ich störe mich auch nicht daran, wenn nötige Schmerzmittel in der Schlussphase das Risiko beinhalten, diesen Prozess zu beschleunigen.

*** Glauben Sie, dass Sie sich schon jetzt in eine krisenhafte Situation versetzen können, in der Sie sich später einmal befinden könnten? ***

Ja, das traue ich mir derzeit zu. Ich würde. solange ich dazu fähig bin, sehr bewusst die Eigenverantwortung über Arzt- und Therapiewahl wahrnehmen und auch nicht Allem zustimmen, was möglich wäre. Beim jetzigen Stand der Medizin und des Medizinrechts verzichte ich persönlich aber bewusst auf eine Patientenverfügung, gestehe diese aber jedem zu, der lebenserhaltende Maßnahmen beschränken möchte.

In einer ernsten Krise, in einem Ausnahmezustand an der Grenze des Lebens, womöglich unter dem Einfluss von Endorphinen oder Schmerzmitteln traue ich mir nicht zu, eine fundierte Entscheidung zu treffen. Dann lege ich mein Leben gerne in die Hand von verantwortungsvollen Ärzten. In der Hand dessen, der mir das Leben gab, ist es soundso gut aufgehoben.

Gerhard Lichtenauer, Österreichische Bürgerinitiative “Daheim statt Heim [5]” und Katja’s Blog (www.katja.at [6])

Antwort Herr Huainigg (2008.09.10-10:23)
Lieber Herr Lichtenauer! Zu Ihrem heutigen Eintrag über Sterbehilfe: Ich kann Ihnen nur Recht geben und mich für Ihre Worte bedanken. Ob man wirklich immer im Vorhinein weiß, wie man in bestimmten Situationen denkt oder fühlt, glaube ich nicht. Aber Sie haben sich schon viel mit Behinderung auseinander gesetzt und daher glaube ich Ihnen, dass Sie sensible Werturteile treffen können. Den ORF-Bericht und die Diskussion habe ich glatt versäumt! Wann war das und in welcher Sendung? Kreuz und quer? FJH

Nachtrag zu DsH_ad_FJH21-18 (2008.09.11-13:43)
Lieber Herr Huainigg, die erwähnte Sendung war “kreuz und quer” vom 26.02.08 mit Günter Kaindlstorfer als Moderator der Diskussion. Titel: “Frühchen zwischen Leben und Tod / Die Grenzen des Fortschritts – Wie human ist die Humanmedizin?” [7].
Die Dokumentation von Rob Hof, “Frühchen zwischen Leben und Tod” war nach meiner Beobachtung sehr heimtückisch angelegt. Die Abschaltung lebenserhaltender Geräte für den kleinen Nigel wurde minutiös dokumentiert. Es war aber nicht eine Entscheidung gegen eine im Machbarkeitswahn fragwürdige Leidensverlängerung, sondern es ging eindeutig um die “Vermeidung” eines “lebensunwerten” Lebens. Die Saat Peter Singers und seiner Förderer geht auf. Wie ich schon unten [Anm.: oben] schrieb, wurden die völlig überforderten, jungen Eltern vom Ärzteteam gewissenlos manipuliert (vielleicht sogar für den Film? Ein anderer Ausgang wäre doch unerwünscht?). Dem Hippokratischen Eid widerspricht es sowieso, der aber in der modernen Bioethik eigentlich nichts mehr gilt. In Österreich widerspräche das eindeutig dem Medizinrecht, sowohl die unterlassene Hilfeleistung und wohl auch die subversive Anstiftung der Ärzteschaft würden eindeutig unter das Strafrecht fallen. Prof. Lischka wies in der Diskussion darauf hin, dass so eine Handlung bei uns nach den Handlungsrichtlinien der Neonatologen undenkbar wäre. Ich war froh über seine Ausführungen. Unsere Katja, jetzt 20 Jahre alt, verdankt solchen Grundsätzen ihr völlig lebenswertes Leben!
In einem Forum entdeckte ich Reflexionen über diesen Film [8], finde aber, dass die (z.T. selber betroffenen) Frühchen-Mütter, leider auf die unterschwellige Taktik des Films hereingefallen sind. Es ging eben nicht um das manchmal nötige und schwere “gehen lassen” des zu früh gekommenen Kindes, sondern wie oben gesagt um die “Ersparung” eines “lebensunwerten Lebens”. Die Diskussion im Anschluss an den Film habe ich als sehr inkompetent empfunden. Wie so oft, waren keine betroffenen ExpertInnen oder betroffene Eltern schwerbehinderter Kinder als Diskutanten anwesend. Meines Wissens gab es keinerlei öffentliche Reaktionen auf diesen Beitrag. Die Sendung scheint im Video-on-Demand-Archiv online nicht verfügbar zu sein, ein Sendemitschnitt könnte aber über <videoservice@orf.at> erworben werden. Gerhard Lichtenauer

ORIGINALTEXT zu FJH21_18 -Quelle: (www.franzhuainigg.at/cgi-bin/fjh21.cgi?_18) OTS_20080910_OTS0081 [4] (10.09.2008)

VERBOT DER AKTIVEN STERBEHILFE IN DER VERFASSUNG!

Nach amtlichen Angaben haben niederländische Ärzte im Jahr 2006 in 2.300 Fällen aktive Sterbehilfe geleistet. Eine Zunahme gibt es – laut niederländischem Gesundheitsministerium – bei Fällen palliativer Sedierung. Dabei versetzen Ärzte Sterbende mit Medikamenten in einen tiefen Schlaf und führen keine Nahrung und keine Flüssigkeit mehr zu. Im Jahr 2001 gab es 8.500 solcher Fälle, im Jahr 2005 lag die Zahl bei 9.600. In den Niederlanden wird sogar die Euthanasie bei sozialem Leiden diskutiert (bislang nur körperliches & psychisches Leiden). Sterbehilfe ist auch für Minderjährige ab 12 Jahren möglich. Diskutiert wird, die Euthanasie derzeit schon bei Neugeborenen durchzuführen.

Österreich hat sich für einen anderen Weg entschieden, den die ÖVP auch in Zukunft beschreiten will – für den Ausbau der Palliativmedizin und die Unterstützung der Hospizbewegung, für die Autonomie des Einzelnen durch die Patientenverfügung und für einen Lebensabend in Würde. “Nicht durch die Hand, sondern an der Hand eines anderen Menschen sterben”, lautet ein Leitspruch von Kardinal König, dem ich mich vorbehaltslos anschließe. Ich fordere deshalb die Verankerung der Menschenwürde und ein Verbot der aktiven Sterbehilfe in Verfassungsrang.

UND WAS MEINEN SIE?

Wird durch das Verbot der aktiven Sterbehilfe ein selbstbestimmtes Sterben verhindert?

Was ist höher zu bewerten: ein Recht auf Sterben oder ein Recht auf würdevolles Leben bis zum Ende?

Glauben Sie, dass Sie sich schon jetzt in eine krisenhafte Situation versetzen können, in der Sie sich später einmal befinden könnten?